„Es setzen sich immer mehr Milchgenossenschaften intensiv mit diesem Markt auseinander.“

Ein Interview über den Trend zu pflanzlichen Milchalternativen mit unseren Firmenkundenberatern Andrea Pellny und Henning Cramer aus der Gruppe Ernährungswirtschaft.

Wie bewerten Sie den Trend zu pflanzlichen Milchalternativen – haben diese die Nische verlassen und hat klassische Milch ihren Zenit überschritten?

Pellny: Milchalternativen sind mittlerweile in weiten Teilen der jungen Gesellschaft angekommen. Sie gelten als gesund, klimaschonend und es muss kein Tier gehalten werden. Gerade in jungen Bevölkerungsschichten erfreuen sich diese Produkte hoher Beliebtheit. Was die Frage nach dem Zenit – Stichwort „Peak Milk“ – betrifft: Hier muss man sicherlich stark differenzieren. Auf den deutschsprachigen Raum trifft das wohl noch am ehesten zu.

Vor welchen Herausforderungen stehen herkömmliche Milch produzierende Unternehmen dadurch und welche Trends zeichnen sich ab?

Cramer: Gerade die genossenschaftlich organisierten Milcherzeuger haben ein klares Mandat von ihrer Basis, nämlich die erzeugte Milch bestmöglich zu verarbeiten und zu vermarkten. Es wird nicht immer gern gesehen, wenn die eigene Molkerei in einen Alternativmarkt einsteigen möchte. Vermutlich einer der Gründe, weshalb diese Trends zuerst von privaten Milchverarbeitern aufgegriffen wurden. Dennoch setzen sich immer mehr Milchgenossenschaften intensiv mit diesem Markt auseinander und arbeiten mit Startups zusammen oder haben eigene „Spin-offs“ gegründet.

Positiv an dieser Stelle: Hier liegt eine große Stärke der milchverarbeitenden Branche. Man kennt sich bestens mit der Verarbeitung von Rohstoffen zu einem Lebensmittel unter höchsten hygienischen Standards aus. Außerdem hat man auf der Abnehmerseite bereits gewachsene Kundenverbindungen und die Infrastruktur samt Erzeugerbasis und Logistik ist ebenfalls bereits da. Es gibt also gute Aufsatzpunkte.

Wie gelingt der Einstieg in das wachsende Segment?

Pellny: Gegenüber den mit hohen Werbebudgets generierten Marken, sehen wir für die Milcherzeuger Chancen mit Regionalität zu punkten. Der Einstieg in dieses Segment wird überdies erleichtert, wenn z.B. Milchersatzgetränke auf vorhandenen Produktlinien gefertigt werden können. Außerdem ist für den Handel eine hohe Zuverlässigkeit in der Lieferung bezogen auf Qualität aber auch Quantität extrem wichtig. Auch bei der Zuverlässigkeit der Supply Chain kann die deutsche Ernährungswirtschaft punkten.

Wie entwickelt sich das Segment der Milchalternativen derzeit und welche Wachstumspotenziale sehen Sie?

Cramer: 2020 lag der Verkaufswert aller pflanzenbasierten Proteine im deutschen Markt bei 817 Millionen Euro, das entspricht einem Wachstum von 100 Prozent zwischen 2018 und 2020. Davon entfielen knapp 400 Millionen Euro auf Milch und 240 Millionen Euro auf Joghurt, Eiscreme und Käse. Milchprodukte machen also rund drei Viertel dieses Marktes aus. Besonders hohe Wachstumsraten sehen wir bei Hafer- und Mandeldrink. Doch trotz dieser imposanten Wachstumsraten handelt es sich noch um einen Nischenmarkt im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Selbst wenn das Wachstum sich so fortsetzen würde, läge der Anteil dieser Produkte am gesamten deutschen Milchmarkt gem. Studien 2025 noch immer unter der 5 Prozent Hürde. Also großes Wachstumspotenzial auf (noch) niedrigem Niveau.

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