- Globale Rezession als Folge der Corona-Pandemie
- Branchen unterschiedlich stark betroffen
- Pandemie mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
Die NORD/LB Landesbank für Sachsen-Anhalt hat heute in Magdeburg eine Studie vorgestellt, die sich mit der Corona-Pandemie und den wirtschaftlichen Folgen für Deutschland und für Sachsen-Anhalt beschäftigt.
Tiefe globale Rezession als ökonomische Folge der Corona-Pandemie
Dr. Eberhard Brezski, Regionalexperte der NORD/LB, sagte anlässlich der Vorstellung der Studie: „Mit der Corona-Pandemie sind deutliche ökonomische Konsequenzen verbunden. Diese stehen in unserer Studie im Vordergrund. Der Corona-Krise liegt kein Marktversagen wie etwa bei der Finanzkrise 2008/2009 zugrunde, sondern eine Infektionskrankheit, die sich schnell ausgebreitet hat. Die Bekämpfung der Pandemie mit Ausgangssperren, partiellen Geschäftsschließungen und Absagen von Großveranstaltungen hat gleichzeitig zu einem Nachfrage- und Angebotsschock geführt.“
Die Krise verschärfe nach Aussage des NORD/LB-Experten den in vielen Branchen stattfindenden Strukturwandel, da sich das Konsumentenverhalten ändere und neue Themen, wie zum Beispiel Resilienz, in den Vordergrund treten. Die angespannte wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen erschwere zudem die Investitionen.
Nach Einschätzung der Experten sei es nicht verwunderlich, dass die Weltwirtschaft 2020 in eine tiefe Rezession abrutsche. Allerdings zeichne sich gemäß ifo-Geschäftsklimaindex mittlerweile in Deutschland und vielen Teilen der Welt eine gewisse Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Die Vorkrisen-Niveaus werden in den meisten Volkswirtschaften aber dennoch erst 2022 bzw. 2023 erreicht.
Auch in Sachsen-Anhalt macht sich die Krise bemerkbar
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind auch in Sachsen-Anhalt deutlich zu spüren. So lagen die Umsätze des Verarbeitenden Gewerbes im Juni um minus 8,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Darüber hinaus waren – wie auch in Deutschland insgesamt – die Gastronomie und der Reiseverkehr/Tourismus bis Mai negativ von den Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie betroffen. Nach Einschätzung der NORD/LB-Analysten dürfte Sachsen-Anhalt aber vom Trend zum Urlaub in Deutschland profitieren. Die Experten erwarten im dritten und vierten Quartal eine schrittweise Erholung. Dafür spräche auch das ifo Geschäftsklima Ostdeutschland, welches nach deutlichen Einbrüchen in den Monaten März und April nun wieder Anstiege verzeichnet hat.
Maßnahmenpakete von Bund und Land sorgen für positive Entwicklung
Das Ausmaß der Pandemie sorgte schnell für eine Vielzahl wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Krise. In einem ersten Schritt ging es sowohl der Bundesregierung als auch dem Land Sachsen-Anhalt um den Erhalt der Liquidität von Unternehmen und die Einführung von Kurzarbeit zur Vermeidung eines starken Anstieges der Arbeitslosenzahlen. Zudem wurden vom Bund weitere Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht. Trotz Kritik einiger betroffener Branchen, die die Maßnahmen als zu wenig zielgruppenspezifisch einstufen, geht die NORD/LB davon aus, dass die Maßnahmen in Summe einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der angespannten ökonomischen Situation geleistet haben. Hierfür spricht auch, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im ersten Halbjahr nicht angestiegen ist. Im Gegenteil: Gemäß Studie lag sie 8,2 Prozent unter dem Vorjahreswert. Ein Anstieg der Insolvenzen erwarten die Experten erst Ende 2020 bzw. im ersten Halbjahr 2021. Demgegenüber lag die Zahl der Insolvenzen in Sachsen-Anhalt per Ende Mai 2020 7,3 Prozent über dem entsprechenden Vorjahreswert.
Corona- und die langfristigen Folgen
Wie sieht die Welt nach Corona aus? Werden sich Geschäftsmodelle ändern müssen? Wo liegen die Potenziale für den zukünftigen Wachstumspfad der Volkswirtschaft? Die Beantwortung dieser und weiterer Fragen ist laut NORD/LB-Analyse wichtig, weil große Herausforderungen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Umwelt und Digitalisierung weiterhin bestehen. Die NORD/LB-Analysten rechnen damit, dass die Corona-Krise die Bedeutung dieser Trends in Bezug auf die Branchenentwicklungen noch weiter verstärkt.
In der NORD/LB-Studie werden die folgenden Trends identifiziert und näher beleuchtet:
- Nachhaltige Nachfrage- und Konsumveränderungen
- Beschleunigung der Digitalisierung/Technologieschub
- Verstärkte Umsetzung ESG, insb. Klima- und Nachhaltigkeitsziele
- Höhere Resilienz in den Wertschöpfungsketten
- Höherer Staatseinfluss
Welche Branchen sind in Sachsen-Anhalt betroffen?
Die NORD/LB-Studie beschäftigt sich neben den Trends auch mit dem Einfluss der Corona-Pandemie auf die verschiedenen Branchen in Deutschland und in Sachsen-Anhalt. So lagen die Gästeankünfte und -übernachtungen im Bundesland bis Ende Mai um jeweils rund 50 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Der Einzelhandelsumsatzindex hat dagegen im Mai mit einem Wert von 115 Indexpunkten den Vorjahreswert (112) sogar leicht übertroffen. Auch das Bauhauptgewerbe hat in Sachsen-Anhalt in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres keinen Umsatzrückgang hinnehmen müssen. Vielmehr legte es gegenüber 2019 um 7,8 Prozent zu. Der Wohnungsbau hat stagniert, so dass das aktuelle Wachstum laut Studie ausschließlich aus dem gewerblichen Bau sowie dem öffentlichen Bau und dem Straßenbau resultierte. Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich die Ernährungsindustrie gut behauptet. Sie verzeichnete per Ende Mai ein Umsatzplus von 10 Prozent. Auch die pharmazeutische Industrie legte um 1,4 Prozent zu.
Rückläufig waren in Sachsen-Anhalt hingegen die folgenden Branchen: Chemieindustrie (minus 3,6 Prozent), Papierindustrie (minus 11,2 Prozent), Metallerzeugung und -bearbeitung (minus 24,6 Prozent), Maschinenbau (minus14,8 Prozent), die Herstellung von Metallerzeugnissen (minus 12,6 Prozent), die Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren (minus 5,9 Prozent) und die Papierindustrie (minus 11,2 Prozent).
Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt
Die Corona-Pandemie hat laut Studie auch auf dem Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen. So lag die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt im Juli 2020 13,5 Prozent über dem Vorjahresmonat. Dies ist mit der niedrigste Zuwachs aller Bundesländer. Die Arbeitslosenquote lag im Juli bei 8,0 Prozent (Vorjahresmonat 7 Prozent). Die Arbeitslosenquote für die gesamte Bundesrepublik lag zum gleichen Zeitpunkt bei 6,3 Prozent (Vorjahresmonat 5 Prozent). Ohne die Corona-Pandemie hätte die Arbeitslosenquote in Sachsen-Anhalt bei 6,5 Prozent und in Deutschland bei 4,9 Prozent gelegen.
Insgesamt ist Sachsen-Anhalt ein Spiegelbild der allgemeinen gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland. Unterschiede ergeben sich aus der abweichenden Wirtschaftsstruktur, die nach Einschätzung der NORD/LB eher vorteilhaft für die Wirtschaftserholung in Sachsen-Anhalt sein könnte.
„Die Corona-Krise wird keine neue Welt erschaffen. Sie wird aber bestehende Trends und den grundsätzlich vorhandenen Strukturwandel in vielen Branchen beschleunigen und den zeitlichen Spielraum für Reaktionen der Unternehmen, zum Beispiel Änderungen im Geschäftsmodell, einengen“, sagte Eberhard Brezski.
Studie als Print-Version bestellen:
Bestellung per E-Mail
PDF-Download:
Sachsen-Anhalt Spezial 2020: Corona und die Folgen