„Bilanzneutrale Finanzierung einer Produktionsanlage als Paketlösung“

Interview mit Thomas Musch, Senior Projektmanager NORD/LB.

Herr Musch, Ihr Team hat gemeinsam mit der DZ BANK AG als Co-Lead-Arranger die Finanzierung der neuen Walzentrocknungsanlage „WaltrAut“ des Stärkeproduzenten Emsland-Stärke GmbH strukturiert und umgesetzt. Was war der Ausgangspunkt des Projekts?

Musch: Als eine der Kernbanken des Unternehmens haben wir frühzeitig von dem Projekt erfahren. Das Unternehmen hatte die Anlage zunächst selbst vorfinanziert und sich dann im Verlauf der Bauphase auf die Suche nach Finanziers für die Langfristfinanzierung gemacht. Wunsch des Kunden war es, unter den Finanzierern seine Kernbanken versammelt zu wissen, da die Produktionsanlage von großer operativer Bedeutung für das Unternehmen ist. Das ist ein durchaus übliches Vorgehen bei Projekten dieser Art und wurde vom Kunden neben anderen Prämissen von vornherein kommuniziert.

Das klingt komplex – wie war die weitere Vorgehensweise?

Musch: Emsland-Stärke brachte das Projekt Mitte 2021 im Bankenkreis zur Ausschreibung. Unabhängig von unserer Position als Kernbank befanden wir uns also in der Angebotsphase im Wettbewerb mit anderen Kreditinstituten. Wir haben uns daher im ersten Schritt mit der DZ BANK AG zusammengetan, um sowohl als gemeinsame Co-Lead-Arranger zu agieren als auch von vornherein ein Angebot über 50% der Ausschreibungssumme zu versammeln. Gleichzeitig haben wir mit unserem langjährigen Kooperationspartner, der LHI Leasing GmbH, eine auch in komplexen Leasingstrukturen erfahrene und überdies beim Kunden bekannte Leasinggesellschaft hinzugezogen. Zu dritt haben wir dann eine bedarfsgerechte und zinsoptimierte Finanzierungs- und Leasingstruktur entwickelt, sie dem Kunden vorgeschlagen und sind auf dieser Basis für die Umsetzung mandatiert worden. Wir als NORD/LB haben zudem das Mandat für die Konsortialführerschaft erhalten, im Einzelnen also: Die Organisation der Einbindung der anderen Banken im Prozess selbst, die Klärung von Fragen zur Struktur und die interne Abstimmung unter den Konsortialbanken; auf diese Weise ging der ganze Prozess für den Kunden sehr geräuschlos aus einer Hand vonstatten. 

Wie sah die individuelle Finanzierungsstruktur an dieser Stelle genau aus?

Musch: Zentraler Kundenwunsch war eine konsortiale, langfristig gesicherte und bilanzneutrale Finanzierungsstruktur, die überdies eine Optimierung der Finanzierungskonditionen durch Einbindung öffentlicher Mittel der Landwirtschaftlichen Rentenbank erzielen sollte – all dies unter Einbindung aller Kernbanken. Diesem Spannungsfeld kann eine Leasingfinanzierung gerecht werden und überdies über die konkrete Ausgestaltung eine eigentümernahe Finanzierungsstruktur bieten. Diese verbindet die Vorteile einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung mit dem optionsgesicherten Zugriff auf das Asset am Laufzeitende. Die hohe Komplexität der Transaktion besteht in der Breite und den Wechselwirkungen der einzelnen Kundenwünsche, denen unsere corporategetragene Leasingstruktur vollauf gerecht wurde – und zusätzlich die Bilanzneutralität gewährleistet.  Wir sprechen also über die bilanzneutrale Finanzierung einer kompletten Produktionsanlage als Paketlösung.

Wie interessant sind bilanzneutrale Finanzierungen für andere Industriekunden?

Musch: Grundsätzlich sind solche Lösungen immer interessant für alle Industrieunternehmen. Auf diese Weise erhalten Unternehmen für ihre konfektionierten Produktionsanlagen passgenaue und bilanzoptimierende Finanzierungslösungen, deren Laufzeit sich konsequent an der Nutzungsdauer der Assets orientiert, ohne dabei das eigene Bilanzbild zu verschlechtern. Und der Clou: Selbst wer bereits investiert hat, kann über „Sale and Lease back“ solcher Anlagen nachdenken.

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